Taube

Nicht den Schein, sondern das Leben malen...

Sagt die Kunstmalerin Evelyn von Garczynski. 21 mit Farben, Lichtern und schattenlosen Linien gefüllte Bilder schmücken das Foyer des Budapester Radisson SAS, ehemals Hotel Béke. Die Titel sind abstrakt. Denn was ist überhaupt der "Beginn", wo kann der "Sommerwind" erfahren werden, was ist der "Wunschtraum", was der "Sommertag" und die "Poesie"? Poetische Titel. Und auch im Stilleben mit Blumen, oder im Frühling, Sommer, Herbst, Winter, im Boot, im Rapsfeld malt Evelyn von Garczynski nicht das tatsächliche Äußere, sondern das Lebensgefühl. Ihr eigenes Lebensgefühl.

Es liegt eine gewisse Absicht darin, dass sie die hellen Farben liebt und verwendet. Aus ihren Bildern strahlt Heiterkeit. Und Heiterkeit klingt auch während unseres Gespräches aus ihrer Stimme heraus. Die erworbene, erkämpfte Heiterkeit. Und von dem Zeitpunkt an, da sie das Leben als ein phantastisches Mysterium und als eine Berufung kennen gelernt und aufgefasst hat - strahlt aus dem Inneren ihrer Gemälde die Wahrhaftigkeit über den Anblick hinaus. Sie abstrahiert die Landschaft, die Gegenstände und die Figuren. Die existieren nur als Zeichen auf ihren Bildern, um mit figurativ-abstrakten Kompositionen ihre innere Welt, ihre Meinung, ihren Glauben über das Leben aufblitzen zu lassen.

Und diese Welt ist nicht eigenartig, nicht isoliert und ausschließlich - nur individuell, mit ihren eigenen Mitteln erzählt. Ihre bildlichen Mittel, der Stil der Formulierung ihrer Gedanken und Gefühle sind dagegen charakteristisch für sie, für ihre Persönlichkeit. Was sie aber erzählt, ist ein Teil des kosmischen Ganzen. Die Kontinuität des Lebens ist aufgrund des Gesetzes der Ordnung und Bestimmung sehr einfach: Das gelebte Leben zwischen Geburt und Tod. Wer wie darüber denkt.

In unserer modernen, hektischen Welt ist es vielleicht nur das Privileg der Künstler, sich mit diesen Fragen zu beschäftigen. Evelyn von Garczynski ist mit den philosophischen Grundgedanken beschäftigt, die unser Dasein bestimmen. Ihrer Religion nach sind der Glaube, die Hoffnung und die Liebe die Schlüsselfaktoren unseres Lebens. Ihren tiefen Sinn zu erkennen, wird durch unsere materiell eingestellte Welt erheblich behindert. Was halten wir für wichtig, wofür entscheiden wir uns und inwieweit bestimmen diese Ansichten unser eigenes, individuelles Leben? Und wo bleibt bei den Entscheidungen eine Lücke in unserem Leben? - Diese Fragen spiegeln sich wie eine Art Mosaikspiel in ihrem Bild mit dem Titel Paradies (Druck) wider. Auf dem großformatigen, mit gelber, blauer und oranger Farbe gemalten Bild sind Adam und Eva, umschlungen von einer Schlange, dargestellt. Die wellige Linienführung der Figuren hat sie mit schwarzen Konturen betont. Neben den dunklen Linien ist auf dem Bild eine an Mosaikglasfenster erinnernde Vernetzung zu sehen. Puzzle - sagt die Malerin, so, wie wir unser Leben zusammensetzen. Ob wir alle Teile des Gesamtbildes finden? Dieses in Aquarell- und Tuschetechnik gemalte Bild ist eine Formulierung des Schicksals und der Entscheidungen mit Hilfe der bildenden Kunst. Genauso symbolisch sind das umschlungen tanzende Aktpaar in Musik, das Aquarell Eva sucht Adam, das Gouache-Bild Weide oder der mit Fischen, Stromschnellen und Menschen gefüllte Sommerwind. So auch das Bild des zwischen den Bergen, tief im Tal zurückgezogen liegenden Dorfes in Montreux. Während ihrer Arbeit mit dem Titel Paradies (Druck) das Statische anzumerken ist, spürt man in ihren in anderen Acryl-, Aquarell- und gemischten Techniken gestalteten Bildern den dynamischen Schwung. Dekorativ sind diese mit ineinander übergehenden Linien oder mit bauchigen Bögen wellenartig gemalten Kompositionen. Die schönen, brillanten, hellen Farben, die die Linien und Formen ausfüllen, verraten das graphische Wissen der Künstlerin. Wie sie sagt, arbeitete sie Jahre lang als angestellte Graphikerin in der Werbebranche. Die Graphik bestimmt auch ihre Malerei - sie lässt das Überflüssige aus der Komposition weg. Außer der hier vorgestellten Werke arbeitet sie auch in Öl. [...]

Vor einiger Zeit hat die in Deutschland in Königstein lebende Künstlerin auch bei uns ausgestellt. Die Eröffnung der Ausstellung war in dem Sinne unüblich, als dass sie dem zahlreichen Publikum ihre Werke selbst vorgestellt hat. Ihre Gemälde kamen durch die Worte der Künstlerin den Besuchern der Budapester Galerie noch näher.

Gez. Lilla Szabó